Digital Roadmaps - Weak Signals und die Rolle des CIO
In einem der letzten Blogs wurde auf eine IDC Studie referenziert, die klarlegte, dass viele Massnahmen im Bereich Nutzung digitaler Lösungsoptionen oder der gesamthaften Digitalisierung stocken. Besser noch, man gibt freimütig zu, dass man sich vielleicht Gedanken macht, aber mehr auch nicht, weil auf Geschäftsleitungsebene die qualifizierten Argumente fehlen, damit ein Entscheid gefällt werden kann.
Dies ist eigentlich verwunderlich, wenn man bedenkt, dass in der Zwischenzeit knapp über 50 % aller im deutschsprachigen Raum lebenden Menschen entweder per App, per Selbstbedienungsterminal oder per Internet nach bezahlbare Produkte und Leistungen suchen, sie auch kaufen, abrufen und noch vieles mehr. Im Grunde hat sich diese Welt schon derart gewandelt, dass es ein leichtes sein sollte, hier Argumente zu finden.
Es drängt sich die Frage auf: Haben das die Wirtschaftskapitäne, Executives und Umsetzer in den Unternehmen nicht schon längst kommen sehen? Wie kann man so etwas verschlafen?
Provokant betrachtet wäre meine Antwort hier: Ja, die Executives haben hier sehr lange zugewartet, aber sie hatten unter bestimmten Umständen, gar keine Wahl anders zu handeln.
C-Levels werden dafür geschätzt, dass Sie es schaffen Unternehmen in dem vorwärts zu bringen, was diese eben “gut” können. Im Fokus steht daher die Effizienz und die Effektivität dessen, was sie planen, umsetzen und vorantreiben. Nicht umsonst wird man für Gewinn belohnt, für abgeschlossene Projekte, ein effizientes Krisenhandling etc. Für das fortlaufende Visionieren und Zukunftsmusik spielen wurden CxOs nur selten ausgezeichnet.
Für die fortlaufende Beurteilung der Wettbewerbslage und Märkte allerdings schon. Hier bedienen sich einige wenige dessen, was man Führungsrhythmus nennt.
Wenn man sich also keinen sogenannten “Führungsrhythmus” zulegt, in dem man sich strategische Überlegungen nach untenstehendem Muster zulegt, kommt es meistens zu dem, was ich das sogenannte Klausursyndrom nenne.
Strategieklausuren finden immer dann statt, wenn krisenhafte Entwicklungen eingetreten sind (siehe Corona), wenn man per Jahresende gerade mal ein paar Tage Zeit hat, sich in entspannter Atmosphäre ein paar Gedanken zu machen. Selbst dann geht es mehr um neue Prozesse, Effizienzsteigerung und organisatorische Neuausrichtung.
Durchdenken sollte man aber Untenstehendes nicht nur jährlich, sondern fortlaufend, damit man sich nicht von der Welt dort draußen entfremdet. Aber auf Basis welcher Daten, oder welcher Informationen? Ist doch jeder Entscheid, sich neu auszurichten, Ballast abzuwerfen oder neue Wagnisse einzugehen, ein Risiko, manchmal sogar eines, das die Karriere beeinträchtigt.
Hier könnte sich der Ansatz der “weak Signals” oder des Analysierens “strategisch relevanter latent spürbarer Signale” helfen. Also jenen Anzeichen, welche fortlaufend auftreten, deren Aussagekraft im Einzelnen nicht von operativer, schon gar nicht strategischer Bedeutung sind und von denen man sich beim “strategischen Träumen” bisweilen sogar gestört fühlt.
Derartige “weak Signals” lassen sich schon jetzt, in Zukunft via Nachverfolgung der digitalen Spuren innerhalb einer Geschäftsbeziehung gut automatisch erfassen, im Rahmen eines regelmässigen Prüflaufes (so wie in den von uns praktizierten Assessments) konsolidieren und auf Basis dieser Fakten wird dann entschieden, welches Signal, nach entsprechendem Gegencheck den Anstoss liefert, darüber nachzudenken, etwas anzupassen.
Was bedeutet das. Ein CIO, gegebenenfalls mit dem CDO im Doppelpack wäre, weil er einen dedizierten Datenerfassungs- und Datenauswertungsauftrag mit regelmässigem Reportingrhythmus ausgefasst hat, der Hüter der strategischen Frühwarnsysteme. Jener Systeme, die dafür sorgen, dass entlang des Businessflow entsprechende Lagebilder erstellt werden können.
Auf Basis dieser erhobenen Daten, kann und wird jede Geschäftsleitung besser, freier von Bedenken und mit viel mehr Sicherheit ihre strategischen Massnahmen planen können. Mehr noch, sie werden nicht sehenden Auges am kalten Fuss erwischt.
Verbleibt eine offene Frage: Gibt es Beispiele zu Katalogen und Frühwarnkonzepten in der digitalen Strategie und Planungswelt.
Ja die gibt es. Aber zu Zeiten als das Wort Krisenpräävention und vorwärtsgerichtete Verteidigung der Unternehmenssubstanz ganz und gar nicht en vogue war (also vor Februar 2020), interessierte es nur wenige.
Aber überlegt haben sich schon einige progressive Geister etwas dazu (ich selbst bin im Rahmen eines Online-Kurses der Tuck University vor zwei Jahren drüber gestolpert), doch sind anscheinend wir derzeit die einzigen, welche diese Modelle und Assessments im Rahmen von Coachings und Projektbegleitungen im deutschsprachigen Raum auch umsetzen.