Unbequeme Wahrheiten - Was die Digitalisierung blockiert

Da lag sie nun vor mir, die Studie der IDC zur IT-Situation des Jahres 2020.

Fürs erste war ich wieder mal klüger. Nämlich in der Frage warum es in bestimmten Themen der digitalen Transformation vor Corona nicht weiterging und warum es mit Corona nicht besser wird.

Vor allem schwante mir ein Verdacht, warum und wieso Chief Digital Officers in grossen mittelständischen Unternehmen immer noch nicht etabliert sind

Doch zuerst zu den kernigsten Aussagen des Swiss IT 2020 Reports der IDC. Befragt wurden 488 Firmen zwischen November 2019 und Januar 2020. Was also klar sein muss, jetzt diese Studie zu lesen und zu publizieren entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Am meisten beschäftigten mich die Antworten zur Umsetzung digitaler Massnahmen und die Probleme, mit denen die befragten Führungskräfte konfrontiert waren.

Im Grunde ist eines ersichtlich. Knapp drei viertel aller befragten haben sich über eine Evaluation oder einen Pilotversuch gleich gar nicht hinausgewagt. Würde eine scharfe Grenze zwischen umfassender Umsetzung ziehen, blieben es aus Sicht der IT-Entscheider realistische 3% während das «Business» mit stolzen 10% vorprescht.

Das wird wohl dank Corona, Nachfrageschocks, Unternehmensrecovery und unsicherem Ausblick in die Zukunft nicht besser werden.

Warum aber der zögerliche Aufbruch in die von den Digitalisierungsevangelisten so sonnig und warm beschriebene Zukunft?

Nun, die Ergebnisse mögen den einen überraschen, den anderen weniger. Mich treibt hier eher das «Warum» an. Das «Was davon hat jetzt immer noch Gültigkeit» und sind die Träumereien und Hochglanzpräsentationen um die Rolle von CDOs nicht längst Makulatur in einer Zeit in der nicht mehr das Träumen, sondern das Überleben im Zentrum steht.

Hier ein Zitat (schicksalsschwanger und wohl vom Studien-Autor unbeabsichtigt eingeflochten, jetzt aber zutreffend im Kontext) «Das bedeutet den operativen Tagesbetrieb und eine strategische Planung viel intensiver als bisher miteinander zu verknüpfen. Damit wappnen sich Firmen gegen plötzlich auftretende Ereignisse, egal ob diese Ereignisse lokaler oder globaler Natur sind».

Doch nun zurück zum innigst hassgeliebten Kürzel CDO und die ihm angedichtete Transformation. Es mag den Erfindern dieses Kürzels entgangen sein, dass Transformation in den Köpfen derer, die sie anstossen oder durchleiden müssen mit Anfangs- und Enddatum wahrgenommen werden. Ergo wird wohl ein CDO auch ein Ablaufdatum haben.

Nicht wenige Unternehmensleiter haben es sich also schon früher gleich gar nicht angetan, für diese Position eine dauerhafte Stelle zu schaffen. Sie haben sich von Anbeginn an gleich externen Support für digitale Fragen geholt.

Zumeist dann, wenn oder weil sie erwarteten vom CIO in Sachen Umstellung auf digital sofort mit mehr Ressourcen, mehr Budget, mehr Personal und mehr Einfluss auf der Geschäftsleitungsebene konfrontiert zu werden.

Mir ist durchaus bewusst, dass nicht wenige IT-affine Führungskräfte, CIOs und CDOs diesen Blog lesen, aber die Gründe warum man Technologen aus dem Weg geht, liegen im Zielkontext von CEO, CFO und den weiteren Chiefs. Diese Führungskräfte werden an der in der Bilanz sichtbaren Wirkung und Qualität ihrer Entscheide bemessen.

Sobald es also für selbige

  • Unverständlich

  • Schwer bewertbar

  • Politisch komplex (interne Widerstände)

  • Im Ergebnis unkontrollierbar wird…

stellt man sich auf die Bremse.

Nun ist es aber technologisch versierten und in Organisation und Beratung gestählten Menschen (wie CDO, CIO und weiteren) im Blut, genau, präzise und kompetent zu wirken.

Kompetent bedeutet für CIO und CDO nicht zwingend an die Bilanz zu denken, sondern eher zu demonstrieren, dass man sein Geschäft versteht.

Kurz, wenn ein CDO, Berater oder CIO Ideen vorbringt, sind selbige noch nicht vor den Gegenarngriffen, kommend aus der Praxis, der Politik oder der Ertragstauglichkeit immunisiert, sondern noch jungfräulichst und logisch und technokratisch perfektioniert in eine Präsentation gegossen. Kein Wunder, dass sich hier keiner die Finger verbrennen will.

Was machen daher politisch kluge Chiefs (aus welcher Ecke sie auch kommen mögen). Sie exponieren sich nicht und holen sich temporär oft Wissensträger im Stil eines digitalen Geschäftsfeldentwicklers (so machens CEOs) , digital beschlagene Organisationsspezialisten (Neudeutsch Business Architects) ins Boot (so ein COO) , oder setzen auf pragmatisch und risikobewusste technologieaffine aber betriebswirtschaftlich denkende Strategieberater, die man bei Gefallen auch mal unbemerkt auswechseln kann (CIO).

Der Königsweg, den ich oft sähe, wäre jener, in der CIO und Business-Architekten (egal ob intern oder extern) im Tandem unterwegs sind, letztendlich aber der CIO die Akzente setzt, weil er letztendlich auch das zu verantworten hat, was zuvor digital erträumt wurde.

Nun aber zur Kernerkenntnis, die jetzt in Konsolidierungszeiten viel massiver wirkt als noch zu Zeiten, als die IDC Studie publiziert wurde.

Unsere C-Levels tragen alle Verantwortung, das bedeutet, dass diese untenstehenden Vektoren im Falle eines Entscheides immer wirksam sind:


Wenn also irgendjemand digitale Roadmaps, oder heute Vorschläge zur Bewältigung von krisenhaften Entwicklungen auf Basis digitaler Optionen oder ähnliches ausarbeitet, sollte er klar die Fakten auf den Tisch legen, jetzt in Krisenzeiten das Vermeiden unnötiger Verluste für die Organisation im Fokus haben und wissen, wo keine Kontrollmöglichkeiten für den Entscheider, dort auch keine Umsetzung, geschweige denn eine Transformation.

 

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